GrundschulenNet Kinder
GrundschulenNet Magazin

Legasthenie – Das sind die Anzeichen für eine Lese- Rechtschreibschwäche

aboutpixel.de / ABC klein © Bernhard Huberaboutpixel.de / ABC klein © Bernhard Huber

Albert Einstein und Leonardo da Vinci gehören zu den intelligentesten Menschen der Weltgeschichte. Gleichzeitig waren sie Legastheniker. Legasthenie hat also keinesfalls etwas mit der Intelligenz zu tun. Es ist nichts, wofür ein Kind sich schämen müsste.

Wenn es in der Grundschule an das Erlernen von Lesen und Schreiben im Deutschunterricht kommt, fällt dies manchen Kindern schwieriger als anderen. Grund hierfür kann beispielsweise eine Legasthenie sein.

Was ist Legasthenie?

Unter Legasthenie versteht man eine Lese-/ Rechtschreibschwäche, bei der eine massive Störung des Schriftspracherwerbs vorliegt. Kinder mit einer Legasthenie gelten nicht als behindert oder krank, sondern leiden an einer Teilleistungsschwäche. Mit individueller Förderung können hier durchaus Strategien zum Lesen und Schreiben vermittelt werden. Zu den Teilleistungsschwächen gehört auch die Dyskalkulie.

Mögliche Ursachen bei Legasthenie

Ursachen hierfür können sein:

  • eine Sprachentwicklungsverzögerung,
  • Schwächen in der phonologischen Bewusstheit,
  • Wahrnehmungs- und Blickfunktionsstörungen,
  • ungünstige sozioökonomische Verhältnisse oder
  • eine genetische Disposition. Bei Legasthenie haben die Betroffenen aufgrund ihrer Gene Probleme mit Wortverarbeitung, Buchstaben-Laut-Zuordnung und mit sprachlicher Verarbeitung.

Oftmals geht eine Lese-Rechtschreibschwäche einher mit dem Auftreten eines Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms (ADS/ADHS), mit Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung, mit Wahrnehmungsstörungen oder mit einer kombinierten Störung schulischer Fertigkeiten. Kinder mit einer vorliegenden Legasthenie können durchaus durchschnittliche bis überdurchschnittliche kognitive Fähigkeiten aufweisen und daher trotzdem schulische Erfolge vorweisen.

Hat mein Kind Legasthenie?

Innerhalb eines multiplen Störungsbildes ist es möglich, durch verschiedene genormte Testverfahren eine Legasthenie zu ermitteln. Dies können sowohl Kinder- und Jugendpsychologen/-psychiater, wie auch Mitarbeiter der jeweiligen Schulpsychologie feststellen.

Anzeichen

Insbesondere in der Grundschule fallen diese Kinder oft frühzeitig während des Leselernprozesses auf. Die Strategie eines Kindes mit Legasthenie besteht im Auswendiglernen von Wörtern, sogar Sätzen und Texten. Erst beim Erlesen weitgehend unbekannter Wörter oder Texte fällt unter Umständen ein Kind auf, weil es dies nicht lesen kann. Es fällt dem Kind außerdem schwer, den Inhalt des Gelesenen wiederzugeben und zu verstehen.

Auch das Schreiben der auswendig gelernten Wörter erfolgt zunächst mühelos. Erst das Schreiben fremder Wörter könnte erste Hinweise auf das Vorliegen einer Legasthenie liefern. Besonders prägnant sind hierbei die Auslassungen von Vokalen, das Verdrehen von Buchstaben sowie das zumeist vollständige Fehlen einer Wortdurchgliederung. Die Struktur Laut-Silbe-Wort ist diesen Kindern weitgehend unbekannt. Die Beziehung zum Lautbestand des Wortes ist noch nicht ausgebildet. Daher liegen die Chancen für einen nochmaligen Start des Leselernprozesses bei einem Kind im Grundschulalter deutlich höher als bei einem Jugendlichen oder Erwachsenen.

Das Lesen zählt in einer zivilisierten Gesellschaft zur Grundkompetenz der Kommunikation zwischen Menschen. Viele Kinder und Eltern unterliegen mit zunehmendem Alter des Kindes einem erhöhten Leidensdruck. Vielfach belastet es betroffene Kinder schwer, nicht lesen zu können. Mit zunehmendem Alter steigt diese Verzweiflung und äußert sich anderweitig. Beispielsweise mit Störungen des Unterrichts, Ablehnung der Schule und den Eltern gegenüber, Schuldistanz, Einnässen oder dissozialer Entwicklung.

Was tun bei Legasthenie?

Wenn durch eine Diagnose Legasthenie festgestellt wurde, müssen Fördermaßnahmen eingeleitet werden. Hierfür bieten sich individuelle Lerntherapien oder gezielter Förderunterricht mit einem Neustart des Leselernprozesses an.

Bei einem Neustart des Leselernprozesses muss ein strukturierter Unterricht durchgeführt werden, bei dem die Laut-Silbe-Wort-Beziehung streng eingehalten wird. Einige analytische Leselernkonzepte bieten hier eine gute Auswahl an Lehr- und Lernmitteln an.

Es gibt Projekte, bei denen Kinder in Kleingruppen nochmals das Lesen erfolgreich lernen. Hilfreich ist bei manchen dieser Kinder die Zuhilfenahme von Lautgebärden, die eine zusätzliche Sicherheit bei der Laut-Buchstabenzuordnung bieten.

Ebenso gilt es, Ängste abzubauen und eine Entlastung betroffener Kinder hinsichtlich des Notendrucks zu schaffen. Weiterhin ist zu psychologischer Intervention zu raten. So kann eine nachhaltige Lernmotivation geschaffen werden und andere Begleiterscheinungen können besser bewältigt werden.

In der schule kann ein Nachteilsausgleich beantragt werden. Dadurch bekommt das Kind bei Tests mehr Zeit. Seine Rechtschreibung und die Leseleistung werden nicht bewertet. An die Tafel muss es nur freiwillig gehen. Auch Vorlesen soll es nur, wenn es sich dafür gemeldet hat. Für Hausaufgaben gilt bei einem Nachteilsausgleich die Regel, dass eine feste Zeit vorgegeben wird. Das Kind muss dann nur abgeben, was es in der Zeit geschafft hat.

» Diskutieren Sie mit

Die Redaktion von GrundschulenNet ist für Feedback immer dankbar. Wir freuen uns jederzeit über Lob, Kritik und Verbesserungsvorschläge.

3 Kommentare

  1. Sprache im heutigen Sinn gibt es seit etwa 100.000 bis 150.000 Jahren, die Schrift gibt es erst seit etwa fünf- bis sechstausend Jahren. Während sich über einen langen Zeitraum hinweg im menschlichen Hirn bestimmte Dispositionen zum Erlernen des Sprechens herausbilden konnten, war dies für das Erlernen des Schreibens und Lesens in der kurzen Zeit von nur wenigen tausend Jahren natürlich nicht möglich. Es gab auch keinen Evolutionsdruck, der auf die Entwicklung der Fähigkeiten zu lesen oder zu schreiben im Hirn hingewirkt hätte. Über die Folgen lassen wir an dieser Stelle den Neurobiologen und Psychiater Prof. Manfred Spitzer zu Wort kommen: „Unser Gehirn ist für das Lesen nicht gebaut. Es entstand lange vor der Erfindung der Schrift und aufgrund von Lebensbedingungen, die mit den heutigen wenig gemeinsam haben. Eines zeichnete diese Lebensbedingungen ganz gewiss nicht aus: Schrift auf Schritt und Tritt. Wer liest, der missbraucht also zunächst einmal seinen Wahrnehmungsapparat für eine nicht artgerechte Tätigkeit, etwa wie ein Fliesenleger seine Knie missbraucht, um in Bädern herumzukriechen oder wie ein Tennisspieler, der seinem Ellenbogen das Aufnehmen von mehr Kräften zumutet, als dieser verkraften kann. Noch einmal anders ausgedrückt: Das Gehirn verhält sich zum Lesen wie ein Traktor zum Formel -1-Rennen, für dessen Tuning man kurz vor dem Rennen zwei Stunden Zeit bekommt.“ Dass nach tausenden Stunden des Übens Menschen tatsächlich lesen können, ist für Spitzer ein wichtiger Beweis: Das menschliche Hirn „kann Tätigkeiten lernen, die ihm nicht in die Wiege gelegt sind.“ (26) Alles bezüglich des Lesens Gesagte gilt natürlich erst recht auch für das Schreiben: Beides, Lesen und Schreiben, sind eigentlich unnatürliche Handlungen. Und auch hier gilt: Mit dem Erlernen des Lesens und Schreibens benutzt der Mensch bestimmte Bereiche des Gehirns für Aufgaben, für die sie von der Natur nie vorgesehen waren.

    Kommentar

Ein Kommentar hinterlassen