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Sprechen Sie mich nicht an!

Wie soll ein Kind sich verhalten, wenn ein Fremder es anspricht?

Es ist das Horrorszenario für alle Eltern: Das eigene Kind kommt nach der Schule oder vom Spielplatz nicht zurück, weil es von einem „Fremden“ angesprochen und mitgenommen wurde. Solche kriminellen Fälle, die häufig mit sexuellem Missbrauch enden, kommen glücklicherweise sehr selten in Deutschland vor. Umso regelmäßiger jedoch hört man in den Medien – vor allem in den sozialen Netzwerken – von Warnungen bzw. von gescheiterten Versuchen, bei denen die Kinder zwar angesprochen wurden, sich aber schnell Hilfe holen konnten. Wenn man so eine Schreckensmeldung liest, dann fragt man sich unweigerlich: Wie würde mein Kind reagieren? Würde es wirklich niemals mit einem Fremden mitgehen? Habe ich es als Elternteil ausreichend auf so eine Situation vorbereitet?

Sensibilisieren ohne Panikmache

Es ist nicht einfach, mit Kindern über diese Thematik zu sprechen, denn schließlich möchte und sollte man ihnen keine Angst machen. Trotzdem ist es sinnvoll, Kindern diese Gefahr bewusst zu machen und ihnen richtige Verhaltensweisen aufzuzeigen. Sprechen Sie mit Ihrem Kind deshalb ganz ruhig und ohne Panikmache darüber, wie es sich verhalten soll, wenn es von jemand Unbekannten angesprochen wird.

Ein inniges Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Kind ist dabei eine wichtige Grundlage, denn so weiß Ihr Kind, dass es mit Ihnen über alle Sorgen sprechen und Ihnen erzählen kann, wenn ihm eine Situation oder eine Person „komisch“ vorgekommen ist. Und sollte Ihr Kind Ihnen einmal von solch einem Vorfall berichten, bewahren Sie Ruhe, hören Sie aufmerksam zu und machen Sie ihm keine hysterischen Vorhaltungen – damit es auch beim nächsten Mal mit seinen Sorgen wieder zu Ihnen kommt.

Selbstbewusstsein stärken

Wir können unsere Kinder nicht in den „goldenen Käfig“ sperren und sie vor allen Gefahren bewahren. Je älter ein Kind wird, desto selbstständiger möchte es werden – den Weg zum Bäcker, zur Schule oder zu Freunden will es irgendwann alleine meistern. Und auch wenn wir Eltern dabei manchmal ein mulmiges Gefühl haben, so ist es wichtig, ein Stück weit loslassen zu können – und damit das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken.



Kinder müssen lernen, sich selbst und ihre Umgebung wahrzunehmen, einen eigenen Willen zu haben und ihrer Einschätzung zu vertrauen – und das können sie besser, wenn sie auch mal auf sich alleine gestellt sind und sich ohne Beobachtung der Eltern testen und ausprobieren können. Und genau, indem wir ihnen das ermöglichen, beugen wir schon vielen Gefahren vor, denn so fallen sie aus der typischen Opferrolle heraus:

„Täter sprechen bevorzugt unsicher und unselbstständig wirkende Kinder an, daher ist Selbstbewusstsein ein wirksamer Schutz.“ (Quelle: Polizeipräsidium Bonn)

Der „böse, fremde Mann“

Situationen, in denen Kinder von wirklich völlig Fremden angesprochen und in deren Wohnungen gelockt werden, passieren äußerst selten. Meistens ist es nämlich nicht der „böse, fremde Mann“, sondern eine Person aus dem sozialen Umfeld.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik gab es 2014 12.134 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern in Deutschland. Dabei waren 65% der Täter Erwachsene, 19,1% Jugendliche zwischen 14-18 Jahren, 8,2 % Kinder unter 14 Jahren und 7,7 % Heranwachsende zwischen 18-21 Jahren (Quelle: Bundeskriminalamt) Laut Statistik der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gab es dabei nur in 35% aller Fälle keinerlei Vorbeziehung zwischen Täter und Opfer, sprich, es handelte sich wirklich um Fremde. In fast 2/3 aller Fälle kannte das Kind den Täter bereits.

Das Täter-Opfer-Verhältnis bei Fällen des sexuellen Kindesmissbrauchs

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Quelle: BZgA: Sexueller Missbrauch in Fallzahlen der Kriminalstatistik

Tipps für Kinder auf dem Schulweg – Wie soll ein Kind sich verhalten, wenn…

Bevor Ihr Kind alleine zur Schule gehen darf, ist es sinnvoll, mit ihm einige Verhaltensregeln festzulegen und feste Absprachen zu treffen. So weiß Ihr Kind, wie es sich richtig verhält und kann selbstbewusster handeln:

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  • Mit Freunden zur Schule gehen: Das Beste ist es, wenn Kinder möglichst in kleinen Gruppen zusammen zur Schule gehen, so dass sie gar nicht in die Situation kommen, von einem Fremden angesprochen zu werden.
  • Anlaufpunkte besprechen: Laufen Sie mit Ihrem Kind den Schulweg ab und zeigen Sie ihm, wo es sich notfalls Hilfe holen kann. (Geschäfte, Freunde)
  • Licht, Lärm, Leute – Fluchtregel der „3 L“: Wird Ihr Kind von einem „Fremden“ bedrängt, soll es laut schreien und andere Menschen um Hilfe bitten.
  • Klare Absprachen treffen: Ihr Kind muss lernen, sich an Abmachungen zu halten, damit Sie wissen, wo es ist und wann es wiederkommt.
  • Distanz wahren: Es ist sicherer, zwischen sich und jemanden, den man nicht oder kaum kennt, einen ausreichenden Abstand zu halten und sich z.B. nicht zu einem anhaltenden Auto herunterzubeugen.
  • Niemals mit Fremden mitgehen: Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass Sie NIEMALS jemand Fremden oder flüchtig Bekannten schicken würden, um es zu abzuholen und dass es NIEMALS in fremde Autos einsteigen oder in fremde Wohnungen gehen darf.
  • Passwort vereinbaren: Machen Sie mit Ihrem Kind ein Passwort aus, dass derjenige, der Ihr Kind abholt, kennen und sagen muss.
  • Notrufnummer: Ihr Kind sollte die Notrufnummer der Polizei 110 kennen.
  • Sicherheit vor Höflichkeit: Machen Sie Ihrem Kind klar, dass es auf Zurufe und Aufforderungen von Fremden nicht reagieren soll.

Tipps für Eltern

Auch wenn wir unsere Kinder für mögliche Gefahren sensibilisieren, fühlen wir uns als Eltern manchmal dennoch hilflos und ohnmächtig. Deshalb gibt es auch für uns ein paar wichtige Punkte, die wir befolgen können – damit beugen wir Gefahren vor, schützen unsere Kinder und lassen ihnen zugleich ihren Freiraum:

  • Selbstbewusstsein stärken: Es ist wichtig, dass Ihr Kind selbstbewusst genug ist, auch Fremden gegenüber „Nein“ zu sagen und sich im Notfall Hilfe zu holen.
  • Name des Kindes nicht öffentlich machen: Beschriften Sie Ranzen und Kleidung nicht von außen sichtbar – spricht ein Fremder das Kind mit Namen an, so wird es glauben, dass es sich um einen Freund der Eltern handelt.
  • Vorbild sein: Leben Sie Ihrem Kind Zuverlässigkeit vor, halten Sie sich an Absprachen und zeigen Sie ihm, wie man sich Fremden gegenüber verhält, z.B. indem man räumliche Distanz wahrt.
  • Privatsphäre wahren: Vermeiden Sie es, auf Facebook etc. Fotos Ihrer Kinder zu veröffentlichen und achten Sie darauf, dass Ihre „Freunde“ auch Freunde sind
  • Umfeld informieren: Sollte Ihnen oder Ihrem Kind etwas seltsam vorkommen oder wurde Ihr Kind von jemandem bedrängt, dann informieren Sie umgehend die Schule und die Polizei.

Quellen:

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