Fernsehen, Computer & Co – Wie viel Medienkonsum ist für Grundschüler angemessen?
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„Vom Fernsehen bekommt man eckige Augen“, „Computer spielen macht dick“, „Handys machen süchtig“ – Medienkonsum im Kindesalter wird regelrecht verteufelt. Dennoch ist es für Grundschulkinder als sogenannte „Digital Natives“ wichtig, den Umgang mit digitalen Medien zu lernen. Das geht nur, wenn sie sie auch konsumieren dürfen. Das richtige Ausmaß und der richtige Umgang müssen dabei beachtet werden.
Die negativen Folgen existieren tatsächlich, sind aber nicht alles, was das Internet ausmacht. Das Internet hat sogar Potential, die kindliche Entwicklung zu fördern statt sie zu hindern. Eltern müssen dazu den Medienkonsum ihrer Kinder regulieren.
Was ist schlecht an Fernsehen, Computern und Handys?
Die falsche Nutzung digitaler Medien kann schädlich für Kinder sein. Zum einen kann das falsche Programm sie negativ beeinflussen. Zum anderen hängen digitale Medien viel damit zusammen, dass man nur an einem Ort sitzt und sich nicht bewegt. Die mangelnde Bewegung in Kombination mit Chips vor dem Fernseher können zu Übergewicht führen. Das ständige Sitzen kann außerdem zu Haltungsschäden führen.
Der hohe Blauanteil digitaler Medien verletzt die Augen. Das kann die Schlafqualität beeinflussen. Tipp für Kinder mit Brillen: Dort lässt sich ein Blaufilter einbauen, sodass die Augen nicht zu sehr geschädigt werden. Bei den meisten technischen Geräten lassen sich in den Einstellungen auch warme Farben auswählen. So kann dieser Effekt auf die Augen vermieden werden.
Vom Fernsehen werden außerdem nicht alle Sinne angesprochen. Lediglich das Sehen und das Hören ist involviert. Für die Entwicklung sollten Kinder sich mit Aktivitäten beschäftigen, die alle Sinne ansprechen. Sie brauchen also eine vielseitige Freizeitgestaltung als Ausgleich zu ihrer Medienzeit.
Vier Arten von Mediennutzung
Einige Medien sprechen allerdings mehr Sinne an, als das Fernsehen es tut. Wenn Kinder Medien selbst erstellen, sind sogar alle Sinne beteiligt. Ein solcher Einsatz von Medien fördert die Entwicklung. Die Arten der Mediennutzung sind:
- passive Nutzung (Fernsehen, Lesen, Musik hören)
- interaktive Nutzung (Computerspiele und Internet surfen)
- Kommunikation (Videochats und soziale Medien)
- Medienschaffung/Content Creation (digitale Kunst, Musik, Videos, etc. selbst erstellen)
Wie viel Zeit dürfen Grundschulkinder mit digitalen Medien verbringen?
Eine feste Vorgabe des Medienkonsums für jede Altersstufe gibt es nicht. Es gibt unterschiedliche Empfehlungen. Die meisten Empfehlungen für Grundschulkinder befinden sich in dem Rahmen von 45 bis maximal 60 Minuten am Tag.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät zu diesen Zeiten in den folgenden Altersstufen:
- 0 bis 2 Jahre: kein Fernsehen
- 3 bis 5 Jahre: maximal 30 Minuten am Tag
- 6 bis 9 Jahre: maximal 60 Minuten am Tag
- 10 bis 13 Jahre: maximal 90 Minuten am Tag
Ausnahmen von diesen Vorgaben sind möglich. An einem Regentag in den Ferien kann vielleicht noch eine Folge mehr von der Lieblingsserie geguckt werden. Allerdings sollte die Ausnahme auch in die andere Richtung gehen: Regelmäßig muss es noch medienfreie Tage geben. Das Grundschulkind sollte Freude an anderen Beschäftigungen haben.
Die Vorgaben sind natürlich nur auf digitale Medien bezogen und nicht Medien jeglicher Art. Für Lesen, Hörspiele oder Musik hören sollte kein Zeitlimit feststehen.
Auch für Lernprogramme oder andere sinnvolle Beschäftigungen mit digitalen Medien ist eine Verlängerung der Vorgabe möglich. Bei Unterhaltungssendungen oder Tablet-Spielen sollte eine Grenze aber eingehalten werden.
Regelvorschläge
- Mediennutzungsvertrag erstellen: Wenn die Regeln klar formuliert sind und festgehalten werden, halten die Kinder sich eher daran. Auf www.mediennutzungsvertrag.de gibt es eine Vorlage für einen solchen Vertrag zum Ausdrucken. Dort sind auch Regelvorschläge vorgegeben, die sich ganz einfach einfügen lassen und als Richtlinie gelten können.
- Mediengutschein: Eine Idee, wie die Zeit eingeteilt werden kann, ist ein wöchentlicher Mediengutschein. Das Kind bekommt dann eine Stundenanzahl für die Woche, die es mit digitalen Medien verbringen darf. So kann es sich die Zeit selbst einteilen. Es kann beispielsweise die Woche über auf Fernsehen und Computer verzichten. Mit den gesparten Stunden kann es dann am Wochenende einen Filmabend machen. Diese Methode eignet sich am Besten für Kinder ab neun Jahren, weil die schon besser planen können.
- Kein eigener Fernseher: Ein eigener Fernseher im Kinderzimmer erhöht den Konsum enorm. Die Kinder gehen später schlafen und gucken vielleicht Programme, die für sie nicht geeignet sind.
- Zeitliche Eingrenzung: Morgens sollte der Fernseher besser nicht laufen. Da kommt viel Werbung, die die Kinder noch nicht als Manipulation erkennen. Mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen sollten die digitalen Medien auch außer Reichweite sein. Kinder bekommen sonst Schlafprobleme. Mit einem eigenen Gerät im Zimmer gehen sie viel zu spät ins Bett. Am Besten werden die Zeiten so gelegt, dass das Kind seine Lieblingssendung noch zu Ende gucken kann. Ansonsten führt das Ausschalten mittendrin zu Frustration.
- Digitale Geräte nicht überall nutzen: Es sollten feste Regeln aufgestellt werden zum Ort der Nutzung. Beispielsweise sind technische Geräte am Esstisch tabu.
Tipps zur Umsetzung
- Digitale Medien nicht als Belohnung oder Bestrafung einsetzen: Ein solches Verhalten spricht den Medien eine viel zu hohe Bedeutung zu.
- Vorbildfunktion: Eltern müssen auch ihr eigenes Medienverhalten kontrollieren. Wenn der Fernseher den ganzen Tag läuft oder Eltern ständig am Handy sind, möchte das Kind es auch dürfen.
- Dabei sein: Mit digitalen Medien sollten Eltern ihre Kinder besser nicht alleine lassen. Die Kinder sollten nicht vor dem Fernseher geparkt werden, weil die Eltern beschäftigt sind. Es ist besser, gemeinsam Fernsehen zu schauen.
- Rat beim Kinderarzt holen: Wenn Eltern wegen dem Medienverhalten ihrer Kinder besorgt sind, können sie den Kinderarzt um Hilfe bitten. In den Früherkennungsuntersuchungen U7, U8 und U9 wird der Medienkonsum sowieso untersucht.
Digitale Medien nicht komplett verbieten
Kindern den Umgang mit digitalen Medien zu verbieten ist kontraproduktiv. Sie wachsen als „Digital Natives“ auf. Eltern sind lediglich „Digital Immigrants“. Den Umgang mit digitalen Medien müssen Grundschulkinder also unweigerlich lernen. In ihrem späteren Leben werden sie überall Medienkompetenz benötigen. Schon in der Grundschule sollte mit dem Lernen angesetzt werden.
Der Umgang mit digitalen Medien muss also erlaubt sein. Zeitliche Eingrenzung ist dabei wichtig, aber nicht alles. Viel wichtiger sind die folgenden drei anderen Faktoren:
Child, Content, Context – Das Kind, die Inhalte und der Zusammenhang des Medienkonsums
Die Konzentration beim Medienkonsum sollte nicht auf der zeitlichen Einteilung liegen, sondern auf den drei Cs – Child, Content und Context. Das sagt Dr. Radesky in der New York Times. Auf Deutsch bedeuten die Cs das Kind, der Inhalt und der Zusammenhang. Wenn Eltern Regeln zu digitalen Medien aufstellen, müssen sie also beachten, wer ihre Kinder sind, was sie gucken und wie sie mit ihrem Medienkonsum interagieren.
Child – Das Kind
Der Medienkonsum muss dem Kind angepasst werden. Sowohl vom zeitlichen Umfang als auch vom Inhalt her.
Manche Kinder sind mehr, andere weniger anfällig für exzessiven Medienkonsum. Je nachdem müssen Eltern die Zeit strenger beschränken.
Einige Kinder können auch besser mit den Gefahren des Internets umgehen als andere. Manche werden nach dem Fernsehen aggressiv, teilnahmslos oder gelangweilt. Bei ihnen sollte der Medienkonsum dann eingeschränkt werden. Kinder können auch Kopfschmerzen nach dem Fernsehen bekommen. Aus der Erfahrung lernen sie dann und gucken freiwillig das nächste Mal weniger fern.
Der Inhalt muss auch dem Charakter und den Interessen des Kindes angepasst werden. Ein ängstliches Kind sollte von gruseligen Programmen oder den Nachrichten erstmal ferngehalten werden. Für ein Kind, das gerne Musik mag, können Musicals und andere Singprogramme extra rausgesucht werden.
Content – Der Inhalt
Eltern sollten aufpassen, was die Kinder in den digitalen Medien machen. Das gilt vor allem für das Internet. Um aus dem Internet einen sicheren Ort zu machen, sind Kindersuchmaschinen eine gute Möglichkeit. Es können auch Kindersicherungen auf den Geräten eingestellt werden. Wann immer es geht, sollten Eltern von Grundschulkindern beim Medienkonsum trotzdem dabei bleiben. Das Kind muss schon eine gewisse Medienkompetenz besitzen, damit Eltern ihm alleine mit digitalen Medien vertrauen können.
Das Erlernen der Medienkompetenz sollte Zuhause und in der Grundschule erfolgen. Den richtigen Umgang mit dem Internet lernen Kinder beispielsweise durch einen Surfschein vom Internet-ABC. Viele Kindersuchmaschinen bieten ebenfalls Lernvideos und Informationen zum Internetumgang an.
Bei Computerspielen ist es auch wichtig, dass Eltern wissen worum es geht. Sie können entweder dabei bleiben, wenn das Kind etwas spielt. Oder sie probieren es einmal selbst aus.
Bei Filmen kann auf die Altersbeschränkung von FSK geachtet werden. Das ausgewählte Fernsehprogramm ist am Besten, wenn es neben der Unterhaltung auch pädagogisch wertvoll ist.
Context – Der Zusammenhang
Der Kontext oder Zusammenhang des Medienkonsums spielt ebenfalls eine große Rolle. Eltern müssen ihrem Kind die Möglichkeit bieten, über das Erfahrene zu sprechen. Wenn das Kind vor etwas Angst bekommen hat, muss es sich an die Eltern wenden können. Genauso sollte es begeistert von seiner Lieblingsserie erzählen können. Oder Fragen stellen, wenn es etwas nicht verstanden hat.
Am Besten ist es auch hierfür wenn die Eltern beim Medienkonsum immer dabei sind. So können sie Fragen direkt beantworten. Bei Stellen, wo Eltern die Angst des Kindes bemerken, sollten sie rechtzeitig weg schalten.
Fazit: Wie lange und Was?
Es kommt beim Medienkonsum auf zwei zentrale Faktoren an: Die Zeit und die Inhalte. Angepasst werden sollten diese Werte individuell an das Alter und den Charakter vom Kind. Das Kind sollte durch seinen Medienkonsum eine Medienkompetenz entwickeln. Dabei braucht es in der Grundschulzeit noch die Unterstützung der Eltern.
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