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Lernen mit der Lernkartei – Lernen mit Langzeiteffekt

Vokabeln pauken, Gedichte auswendig lernen oder Lernstoff vertiefen – die Lernkartei ist auch in Grundschulen eine beliebte Lernmethode, um Wissen dauerhaft im Langzeitgedächtnis zu speichern. Wie sie funktioniert und für welche Lerninhalte und Lerntypen sie sich besonders eignet, haben wir in unserem Artikel zusammengefasst.

Was ist eine Lernkartei?

In seinem Buch „So lernt man Lernen“ stellt der Autor Sebastian Leitner das Prinzip einer Lernkartei vor. Es handelt sich dabei um einen Kasten mit fünf unterschiedlich großen Fächern, der mit Karteikarten gefüllt wird. Lernen mit der Lernkartei speichert das Wissen im Langzeitgedächtnis. Die Fragen, dessen Antwort das Kind noch nicht weiß, werden so oft wiederholt, bis sie sich eingeprägt haben. Richtig beantwortete Fragen werden dafür seltener behandelt, sodass sie nicht „überlernt“ werden müssen.

Das lernpsychologische Prinzip von Lernkarteien setzt auf assoziatives Lernen, das verteilt und vor allem regelmäßig erfolgt. Mit der Lernkartei lernen Kinder nicht nur den Stoff von den Karten, sondern gleichzeitig auch Disziplin.

Wo bekomme ich eine Lernkartei her?

Lernkarteiboxen lassen sich entweder kaufen oder selbst basteln. Zum Beispiel aus einem Schuhkarton oder einer Cornflakespackung. Dabei müssen die Fächer folgende Breiten haben:

  • Fach 1: 1 cm breit
  • Fach 2: 2 cm breit
  • Fach 3: 4 cm breit
  • Fach 4: 8 cm breit
  • Fach 5: 16 cm breit

Unser Tipp:  Wer die Boxen nicht selbst basteln möchte, kann nachhaltige Lernboxen aus Pappe auch ganz einfach online kaufen

Wie funktioniert eine Lernkartei?

Das Prinzip einer Lernkartei ist einfach und deshalb auch für Grundschulkinder schon gut zum Lernen geeignet. Die Lernkartei ist in fünf Fächer aufgeteilt. Zu Beginn eines neuen Themas kommen alle Karteikarten zuerst in das Fach 1. Dann geht das Kind wie folgt vor:

  1. Es nimmt die vorderste Karte aus Fach 1 heraus und liest sich die Frage durch.
  2. Es überlegt sich die Antwort.
  3. Dann dreht das Kind die Karte um und überprüft, ob es richtig lag. Hier sollte das Kind am Besten selbstständig entscheiden können, ob es eine Antwort noch als richtig gelten lässt, oder nicht.
    1. War die Antwort richtig? Dann kommt die Karte in das Fach 2.
    2. War die Antwort falsch? Dann kommt die Karte zurück in Fach 1, dieses Mal hinter die restlichen Karten.
    3. Wusste das Kind die Antwort nicht? Dann wird genauso vorgegangen wie bei einer falschen Antwort: Die Karte landet wieder in Fach 1.

Fach 1 sollte so lange bearbeitet werden,  bis dort nur noch wenige Karten enthalten sind und sich Fach 2 langsam füllt. Wenn Fach 2 fast voll ist, geht das Kind folgendermaßen vor:

  1. Es nimmt die vorderste Karte aus Fach 2 heraus und liest sich die Frage durch.
  2. Es überlegt sich die Antwort.
  3. Nun wird die Karte wieder umgedreht und überprüft. Konnte das Kind sich das Wissen merken? Oder hatte es die Antwort wieder vergessen?
    1. Richtige Antwort: Die Karte kommt weiter in Fach 3.
    2. Falsche Antwort oder keine Antwort: Die Karte kommt zurück in Fach 1.

Diese Schritte werden wiederholt, bis Fach 3 fast voll ist. Fach 1 muss trotzdem weiterhin täglich wiederholt werden.

Ab nun gilt für alle falschen Karten die Regel: Zurück in Fach 1! Auch wenn die Karte schon bis ins vierte Fach vorgerückt war, muss sie zurück ins erste Fach.

Dadurch dass die späteren Fächer (3,4 und 5) immer größer werden, dauert es auch länger, bis sie fast voll sind und das Kind sie bearbeiten darf. Das hat einen positiven Lerneffekt, denn so werden die Fragen genau dann wiederholt, wenn sie im Gedächtnis fast verblasst sind – Durch die Wiederholung zum passenden Zeitpunkt verblasst das Wissen nicht, sondern landet im Langzeitgedächtnis.

Wenn im Prozess nicht geschummelt wurde, können die Karten aus Fach 5 nach einiger Zeit aussortiert werden, weil sie dann fest im Gedächtnis verankert sind.

Tipps zum Erstellen der Karten

Beschriften sollten Kinder die Karten am Besten selbst, denn so wird der Lernstoff schon einmal verinnerlicht. Dabei ist es empfehlenswert, immer eine Karte nach der anderen komplett auszufüllen. Auf die Vorderseite kommt die Frage- bzw. Aufgabenstellung, auf die Rückseite die Antwort. Das Finden passender Fragen kann ebenfalls für die Prüfungsvorbereitung nützlich sein. Bei der Beschriftung sollte Sorgfältigkeit an den Tag gelegt werden. Flüchtigkeitsfehler oder Rechtschreibfehler auf den Karten würden sich langfristig einprägen.

Für welche Fächer eignen sich die Lernkarteien?

  • Fremdsprachen wie Englisch: Für das Lernen von Vokabeln sind Lernkarteien bestens geeignet. Auf der Vorderseite der Karte wird das deutsche Wort notiert und auf der Rückseite steht die Übersetzung, am Besten mit einem Beispielsatz, damit das Wort auch im Kontext gelernt wird. Vokabel-Karteikarten können in der Lernkartei auch ruhig mal andersrum ins nächste Fach gelegt werden: So prägt sich auch die Übersetzung vom Englischen ins Deutsche ein. Auch Grammatikregeln lassen sich gut auf Karteikarten festhalten.
  • Geschichte: Für Jahresdaten sind Karteikarten ebenfalls sehr gut geeignet. Auf der Vorderseite steht dann das Ereignis und auf der Rückseite das Datum.
  • Deutsch: Lernkarteien helfen auch gut bei dem Lernen von Grammatik- und Rechtschreibregeln.
  • Mathe / Physik / Chemie (Formeln): Formeln lassen sich mit der Lernkartei gut einprägen. Auf die Rückseite kann das Kind dann auch eine Beispielaufgabe notieren, sodass es den Kontext versteht.
  • Sachunterricht: Wissensabfragen aus Sachkunde lassen sich ebenfalls gut mit einer Lernkartei abfragen.

Für welche Fächer reichen Lernkarteien nicht aus?

  • Deutsch: Wenn das Thema der nächsten Deutschprüfung die Handlung eines Buches ist, lässt sich diese nicht so gut mit Karteikarten zusammenfassen. Selbst wenn einzelne Handlungsstränge aufgeschrieben worden wären, würden sie in der Lernkartei durcheinander kommen.
  • Mathe: Zum Lernen vor einer Matheprüfung ist viel Anwendung gefragt. Das Kind sollte lieber mehr Aufgaben machen, um sich das Wissen einzuprägen, als mit Karteikarten zu lernen.

Eine Lernkartei kann auch für mehrere Fächer genutzt werden. Die Fächer sollten dann aber in unterschiedlichen Farben gekennzeichnet werden, damit das Kind nicht durcheinander kommt. Ansonsten ist vielleicht eine Lernkartei pro Fach sinnvoller.

Für welche Lerntypen eignen sich Lernkarteien am Besten?

Durch Lernkarteien wird die Mnemotechnik angewendet. Das bedeutet, es wird mit Visualisierungen und Verknüpfungen gelernt. Beispiele für Mnemotechnik sind Merksätze. In der Mneomotechnik werden sich Listen oft durch eine Geschichte oder eine Route gemerkt, die Assoziationen zu den einzelnen Punkten aufrufen sollen.

Diese Technik und somit auch die Lernkarteien kann eigentlich jede*r anwenden. Die Methode eignet sich sowohl für Kinder, die eigenständig lernen, als auch für Kinder, die Hilfe brauchen. Die eigenständigen Lerner können mit der Lernkartei nämlich nach ihrem eigenen Lerntempo gehen und so viel machen, wie sie am Tag schaffen. Sie sind auf sich allein gestellt, wenn es darum geht zu entscheiden, ob Antworten gerade noch als richtig gelten oder lieber noch mal wiederholt werden sollten.
Kinder, die besser in Gemeinschaft lernen, können dies auch mit der Lernkartei tun. Lernkarteien eignen sich nämlich auch gut zum Abfragen. So kann ein Elternteil, Geschwisterkind oder Klassenkamerad*in die Fragen vorlesen und das Kind muss die Antworten nennen.

Sogar für Kinder mit Legasthenie hat sich die Lernmethode mit der Lernkartei gut bewährt, sodass sie jetzt Bestandteil der Legasthenie-Therapie ist. Die Lernkartei hilft den Kindern dabei, sich die Wörter mit ihrer Rechtschreibung nachhaltig einzuprägen.

Was sind Lerntypen?

Jeder Mensch lernt auf eine andere Weise am Besten. Es gibt vier Kategorien von Lerntypen, in die jede*r sich einordnen kann. Allerdings gibt es auch unzählige Mischformen, sodass ein Kind auch mit unterschiedlichen Methoden gut lernen könnte, weil es unterschiedliche Lerntypen abbildet. Die Lernkartei eignet sich für jeden Lerntyp.

Auditiver Lerntyp

Auditive Lerntypen lernen am Besten durch Zuhören. Zu Tafelbildern oder Grafiken brauchen auditive Lerntypen meist eine mündliche Erklärung, um sie zu verstehen. Durch Podcasts beispielsweise können sie gut Lernen, während ihnen beim eigenständigen Lesen die Konzentration schwer fällt.

Lernen mit der Lernkartei: Mit der Lernkartei können auditive Lerntypen sich die Fragen selbst vorlesen. Sie können kleine Selbstgespräche führen, in denen sie sich die Antworten erzählen. Es kann ihnen auch helfen, wenn sie mit Eltern gemeinsam üben und diese die falschen Antworten immer einmal vorlesen, damit sie sich bei dem Kind einprägen.

Visueller Lerntyp

Lesen oder Filme gucken eignet sich für visuelle Lerntypen am Besten, damit sie sich Wissen einprägen können. Mit Grafiken oder Tafelbildern verstehen sie Zusammenhänge meist besser als durch mündliche Erklärungen.

Lernen mit der Lernkartei: Beim Anfertigen der Karten für die Lernkartei prägt sich bei visuellen Lerntypen das Wissen schon gut ein, weil sie die Karten aufschreiben müssen. Sie können auf die Karteikarten auch kleine Bilder, Skizzen, Diagramme oder Mind-Maps zeichnen, weil ihnen das beim Lernen hilft.

Kommunikativer Lerntyp

Für kommunikative Lerntypen ergeben die Zusammenhänge von Sachverhalten sich meist erst in Gesprächen oder Diskussionen. Deshalb lernen sie am Besten in Unterhaltungen und Partnerarbeiten. Für sie ist es wichtig, Fragen stellen und beantworten zu können.

Lernen mit der Lernkartei: Da kommunikative Lerntypen am Besten in Gemeinschaft lernen, können sie ihre Lernkartei auch mit anderen gemeinsam durchgehen. Sie können sich mit Klassenkamerad*innen treffen, um sich gegenseitig abzufragen.

Haptischer bzw. motorischer Lerntyp

Haptische oder motorische Lerntypen lernen am Besten durch praktische Beispiele. Entweder, indem sie das Wissen selbst anwenden können, oder indem ihnen die Anwendung vorgeführt wird. So erschließt sich ihnen der Zusammenhang besser.

Lernen mit der Lernkartei: Haptische oder motorische Lerntypen brauchen beim Lernen oft Bewegung. Sie können mit den Karteikarten durch ihr Zimmer gehen oder die Lernkartei auch mal mit in den Park nehmen, um sich dort abzufragen. Sie könnten sich auch Bilder auf die Karteikarten kleben, in denen die Anwendung des Wissens deutlich gemacht wird.

Fazit: Lernen mit der Lernkartei – altmodisch oder effektiv?

Auch wenn die Idee der Lernkartei von Sebastian Leitner aus dem Jahre 1972 stammt, ist die Methode noch lange nicht altmodisch und immer noch sehr effektiv. Es gibt mittlerweile zwar auch virtuelle Lernkarteien, doch der physische Kasten ist für den Lerneffekt noch immer am Bewährtesten. Das Wissen sollte nämlich am Besten in unterschiedlichen Kontexten und in Bewegung gelernt werden. Das ist mit der Lernkartei besser möglich als mit dem Computer.

Bildnachweis: © lightfieldstudios /123rf.com

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